Was ist ein Skeptiker?
Skeptiker wird von Skepsis abgeleitet, was ursprünglich „Betrachtung, Untersuchung, Prüfung“ bedeutete. Ein Skeptiker ist jemand, der gründlich nachdenkt, um die Wahrheit herauszufinden. Er geht davon aus, dass die Wahrnehmung durch die Sinne die einzige philosophisch akzeptable Sachlichkeit ermöglicht, jedoch weiß er, dass unsere Sinne kein getreues Abbild der Welt liefern. Daher gibt es auch kein Wahrheitskriterium, das heißt keine Möglichkeit die Wahrheit herauszufinden. Zum Beweis einer Hypothese muss stets ein Urbeweis vorausgehen. Auch dieser Urbeweis müsste beweisbar sein. So kommt man zu einer unendlichen Kette von Beweisen. Außerdem gibt es zu jeder Behauptung eine gegenteilige Behauptung, die mit ebenso einleuchtenden Argumenten vertreten werden kann. Der Skeptizismus legt sich nicht fest, ob es etwas Wahres gibt. Skeptizisten machen nur Aussagen über die verschiedenen Aspekte einer Sache, über die nachgedacht wird. Sie stellen keine Behauptungen über wirkliche Sachverhalte auf, weil sie dafür einen Wahrheitsbeweis erbringen müssten, was ihnen nicht möglich ist. Die einzige Aussage die getroffen werden kann lautet: „Nichts ist sicher und nicht einmal das ist sicher.“
Der logische Nihilismus (lateinisch „nihil“ bedeutet „nichts“) geht noch ein Stück weiter und bestreitet, dass es überhaupt eine Wahrheit gibt.
Was hat dieses Thema auf einer Rohkostseite zu suchen?
Noch Fragen?
Neben Philosophie habe ich mich auch schon immer für Ernährung interessiert, bin aber nie ganz schlau aus den ganzen widersprüchlichen Empfehlungen geworden. Mit der Rohkost hatte ich endlich das Gefühl, dass sich hier alle einig sind: Esst natürliche Lebensmittel und ihr werdet gesund sein. Einfach, logisch, natürlich. Je länger ich mich aber mit der Rohkost befasse, desto mehr Widersprüche finde ich. Einige davon möchte ich hier vorstellen, damit ihr mein Zwei-feln nachvollziehen und die Argumente falls erwünscht für euch prüfen könnt. Alle der genannten Personen haben mit ihrer speziellen Ernährungsweise schon vielen Menschen weiter geholfen. Übrigens sind die ersten beiden (Dr. Gerson und Dr. Budwig) keine Rohköstler, ich glaube aber, dass dies für die Argumentation keinen Unterschied macht.
1. Leinöl
Der amerikanische Arzt Dr. Gerson hat mit seiner Therapie, die ursprünglich für Krebspatienten entwickelt wurde, vielen Menschen das Leben gerettet. Die Basis bilden grüne Säfte, fettfreie Pflanzennahrung, Supplementierungen und Einläufe. Er machte die Erfahrung, dass Hautkrebs immer sofort zurückkehrte, sobald die Patienten irgendeine Form von Fett aßen (Öle, Avocados, Nüsse). Die einzige Ausnahme bildete Leinöl. Er konnte sich dieses Phänomen nicht erklären und testete zahlreiche weitere Öle, doch blieb Leinöl tatsächlich das einzige ohne negative Wirkung.
Auch die Öl-Eiweiß-Kost nach Dr. Budwig ehrt das Leinöl wegen seiner gesunden Omega-3-Fettsäuren. Omega-3-Fettsäuren haben eine gesundheitsfördernde Wirkung und können vom Körper nicht selbst gebildet werden, weshalb sie mit der Nahrung aufgenommen werden müssen.
Wie zahlreiche andere Rohköstler, esse auch ich täglich mein Leinöl. Umso erstaunter war ich, in „Das große Rohkostbuch“ von Angelika Fischer zu lesen, Leinöl sei kein Lebensmittel, da es cyanogene Glykoside enthalte, welche zu Blausäure aufgespalten werden. Blausäure hemmt unter anderem jene Enzyme, die für die Zellatmung benötigt werden, was zum Absterben der Zellen führt. Als weiteren negativen Punkt erwähnt die Autorin einen sehr geringen Vitamin-E-Gehalt im Leinöl.
2. Obst mit Fett
Rohkosttorte Mango-Erdbeer
Aus der Seite „https://fruchtvegan.wordpress.com/“ entnahm ich folgende Informationen:
Einfache Kohlenhydrate sind leicht verdaulicher Kraftstoff. Der ganze Körper funktioniert hauptsächlich mit Zucker, und das Gehirn sogar ausschließlich. Bevor die Zellen des Körpers Lebensmittel als Treibstoff nutzen können, muss die Nahrung zunächst in Zucker umgewandelt werden, egal ob die zugeführte Nahrung aus Kohlenhydraten, Eiweiß oder Fett besteht. Wenn im Körper nicht genügend Kohlenhydrate vorhanden sind die in Zucker umgewandelt werden können, kann der Körper Fett und Protein in Zucker umwandeln, was jedoch giftige Rückstände hinterlässt.
Zucker wird oft für Candida verantwortlich gemacht, in Wahrheit sei aber überschüssiges Fett der Täter. Überschüssiges Fett im Blut hemmt die Produktion von Insulin und verklebt die Wände der Blutgefäße, sodass der Zucker nicht durch die Zellwand aus der Blutbahn hinein in die Zellen transportiert werden kann. Hefe, oder Candida, sind im Blut ständig präsent, und blühen auf wenn ein Überschuss von Zucker in der Blutbahn vorliegt, um den Blutzuckerspiegel zu senken. Wenn der Zucker gleichmäßig verteilt ist und von den Zellen des Körpers verwendet wird, stirbt die Hefe schnell ab. Wenn jedoch der Fett-Spiegel dauerhaft hoch bleibt, muss Zucker in der Blutbahn verbleiben und füttert die Candida Kolonien anstelle der 18 Billionen Zellen des Körpers die versorgt werden sollten. Weil alle Kohlenhydrate, Fett und Eiweiß, die wir essen in einfachen Zucker (Glukose) umgewandelt werden, und wir Zucker in großen Mengen brauchen, ist der Ausweg nicht weniger Zucker zu essen, sondern weniger Fett. Wenn der Fettkonsum nachlässt kann der Zucker verarbeitet und verteilt werden, und die Candida-Kolonien lassen ebenfalls nach.
Auch Dr. Gerson rät Fett komplett zu meiden (bis auf das erwähnte Leinöl) und beschreibt, dass Lust oder sogar ein Heißhunger auf Fett von einer zu geringen Kalorienzufuhr kommt. Er empfiehlt große Mengen an Gemüse und Obst zu essen.
Jean Huntziger beschreibt in seinem Buch „Die bioklimatische Rohkost“, dass der Körper nur sehr geringe Mengen an Zucker benötigt und alles was darüber hinaus geht schädlich für den Organismus ist. Der Mitteleuropäer sei längst nicht mehr an die Tropen angepasst (wo es viele Früchte gibt) und sollte im Sommer wenig Obst essen, im Winter gar keines. Auch dass Früchte hochgezüchtet und damit künstlich süß gemacht sind, stellt ein Problem dar. Um die schädigende Wirkung des Zuckers abzuschwächen empfiehlt er, nach einer Obstmahlzeit Fett zu essen.
Bruno Weihsbrodt ernährt sich sowohl von Früchten als auch von Fett, kombiniert diese aber niemals. Früchte gibt es zum Frühstück und danach maximal bis 16:00 Uhr, aber vorzugsweise für sich allein gegessen. Nach einer fettreichen Mahlzeit gibt es kein süßes Obst mehr.
3. Kombinationen
Bruno Weihsbrodt empfiehlt, Fett nicht mit Zucker zu kombinieren, weil sie unterschiedlich schnell verdaut werden und der Zucker dadurch gären kann. Getreide mit Obst sei noch schlimmer und führe sogar zu Krebs, da sich bei der Verdauung dieser Kombination unter anderem Fuselalkohole bilden. Weiters sollen keine verschiedenen Früchte miteinander kombiniert werden (bis auf wenige Ausnahmen wie Datteln und Bananen), da sich die verschiedenen Säuren nicht vertragen… Grünzeug kann mit allem kombiniert werden. Generell sollen schnellverdauliche Sachen zuerst gegessen werden und Lebensmittel die länger brauchen erst danach mit etwas Zeitabstand.
Angelika Fischer ist der Meinung, dass mittelsüße Früchte mit süßen Früchten und Öl kombiniert werden können, sehr süße Früchte kann man zusätzlich mit Nussfrüchten kombinieren, nicht aber mit Fettfrüchten (Avocados), saure Früchte nur mit Blattgrün, tierischem Eiweiß und Gewürzen, Gemüse nicht mit Fett oder Obst usw.
Laut Jean Huntzinger darf man Trockenfrüchte, Honig und Zucker mit Fett mischen, nicht aber mit Nüssen. Diese soll man nur mit Gemüse und frischen Früchten mischen. Auf Blattgrün wird in seinen Ausführungen überhaupt nicht eingegangen.
4. Rohes Getreide
Wird Getreide mit Wasser vermischt, entsteht dabei Gluten, das im Verdacht steht Entzündungen im Darm hervorzurufen, und das wahrscheinlich auch bei Menschen die nicht an Zöliakie leiden. Durch Entzündungen werden auch Giftstoffe aus dem Darm ins Blut aufgenommen, die ansonsten ausgeschieden würden.
Bircher-Benner hat mit seiner Ernährungsform, die insbesondere den Frischkornbrei aus Getreide – noch dazu in Kombination mit Obst – beinhaltet trotzdem zahlreiche Menschen von ihren Krankheiten befreien können.
Jean Huntzinger empfiehlt Getreide im Winter nur einzuweichen, es im Sommer aber keimen zu lassen. Besonders im Winter sei die wärmende Wirkung des Getreides wichtiger als die möglichen Schadstoffe.
Angelika Fischer ist der Meinung, dass Getreide wegen des Glutens und wegen eines geringen Lysingehaltes zwar problematisch ist, empfiehlt aber 3 Tage lang eingeweichten Hafer zu essen, da dieser weniger Gluten und mehr Lysin als die anderen Getreidesorten enthält.
Bruno Weihsbrodt meidet Getreide auch deshalb, weil es im Rohzustand Giftstoffe gegen Fressfeinde beinhalte, wobei auch er einräumt, dass Hafer noch das Verträglichste ist.
5. Bitterstoffe
Lange Zeit glaubte ich, dass sich wenigstens in einem Punkt alle Rohköstler einig sind: So viel Pflanzengrün wie möglich! Besonders Wildpflanzen enthalten neben einer enormen Nährstoffdichte auch Bitterstoffe, die bei Kulturpflanzen herausgezüchtet wurden. Bitterstoffe regen den Stoffwechsel an und stärken die Leber, ein wichtiges Entgiftungsorgan. Das finden doch sicher alle toll, oder? Weit gefehlt! Da wir uns auf unseren Instinkt verlassen sollen – schließlich weiß unser Körper am besten was ihm gut tut – wählen wir doch automatisch süße Früchte und nur wenig Bitteres. Ein bitterer Geschmack könne ein Hinweis auf enthaltene Giftstoffe sein und darf daher als Warnsignal des Körpers nicht übergangen werden. Wenn es gesund wäre, würde es uns auch schmecken!
Zumindest in diesem Punkt konnte ich für mich ein wenig Klarheit verschaffen. Nachdem ich nun regelmäßig Wildkräuter gegessen habe, finde ich bitter überhaupt nicht mehr abstoßend, sondern sogar angenehm! Allerdings erreiche ich manchmal eine Grenze, ab der ich keinen Bissen Grünes mehr herunterbekomme. Offen bleibt die Frage, ob es gut ist, seinen Körper an etwas zu gewöhnen – immerhin fand ich früher auch gekauftes Eis sehr lecker, weil ich es eben gewohnt war. Heute schmeckt es mir nicht mehr.
Welchen Rat kann ich euch also geben?
Bitte lächeln!
Leider keinen! Denn für mich habe ich festgestellt, dass ich die Wahrheit niemals im Außen finden kann. Ob ich sie in mir finden kann, weiß ich noch nicht, doch ist das momentan für mich nicht mehr relevant. Durch die Auseinandersetzung mit dem Nihilismus, der bei mir unweigerlich auf diese Widersprüche folgte, bin ich wieder einmal bei folgenden Ansätzen gelandet: Ich kann nicht wissen was stimmt, noch kann ich wissen ob es überhaupt eine Wahrheit gibt. Weder habe ich ein Labor, noch 1000 Testpersonen, noch 50 Jahre Erfahrung usw. Dies verschafft mir nach überwundener Ratlosigkeit eine große Freiheit! Ich kann nun unabhängig von fremden Meinungen genau das tun was ich will. Ich kann frei entscheiden, welche Lebensmittel ich zu welcher Zeit esse, wie ich sie miteinander kombiniere, ob ich roh oder gekocht esse und ob ich auf Warnsignale meines Körpers achte. Damit übernehme ich die Ver-antwortung für meine Ernährung und schiebe sie nicht auf irgendwelche Experten ab. Ver-antwortung bedeutet hier, dass mein Körper mir antworten wird. Wie ich mit den Antworten umgehe, ist wiederum meine freie Wahl. Diese Erkenntnisse sind für mich eine große Erleichterung und sorgen für Entspannung und Freude. Ich vertraue darauf, dass in meinem Leben immer genau das Richtige passiert und erinnere mich daran, dass man das Leben nicht immer all zu ernst nehmen muss. Jetzt kann ich über die Widersprüche lachen und ganz entspannt meinen Salat mit Leinöl oder Datteln mit Mandeln essen. Übrigens betonen auch viele der erwähnten Personen, dass zur Gesundheit weit mehr gehört als nur die richtige Ernährung und sie sind sich auch dessen bewusst, dass niemand mit Sicherheit sagen kann, welches die beste Ernährungsform für den Menschen ist. Bewegung, Liebe, Lebensfreude und Selbstverwirklichung sollten eine wichtigere Rolle spielen als das tägliche Rohkostbrot.